ArtikelDas ZerRspiegeL-Interview (2002)
VerfasserHelmut Richter
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Artikel-URLhttps://hhr-m.de/schildau/
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Das ZerRspiegeL-Interview (2002)

Die Katze ist aus dem Sack: das LRZ macht sich nach Garching davon. Da ist jetzt die Zeit gekommen, in der sich Architekten so richtig austoben können. Einer der trendigsten Trends ist da die „Allegorische und Metaphorische Architektur“, deren bedeutendster Vertreter Professor von Schildau ist. Der ZerRspiegeL ließ sich nicht nehmen, ihn zu den Plänen von Garching zu befragen.

ZRL: Herr Professor von Schildau, können Sie unseren Lesern kurz erklären, was man unter „Allegorischer und Metaphorischer Architektur“ versteht?
Prof. von Schildau: Aber gerne. Die klassische, will sagen herkömmliche, Architektur hatte die Aufgabe, bei der Planung von Gebäuden die Nutzungsaspekte den künstlerischen Anforderungen unterzuordnen. Das ist bei der „Allegorischen und Metaphorischen Architektur“ nicht anders. Nur stellt sie sich zusätzlich die Aufgabe, in die Gestaltung allegorische Aspekte einzubringen, indem Metaphern realisiert werden.
ZRL: Können Sie uns dazu Beispiele bringen?
Prof. von Schildau: Nehmen Sie den Umbau des LRZ in der Barer Straße. Bei der Außengestaltung haben wir uns von der Metapher leiten lassen „die können sich einglasen lassen“. Die Arkaden haben wir beseitigt getreu dem Motto „wir lassen unsere Kunden im Regen stehen“. Das ist übrigens eine so passende Metapher für die moderne Dienstleistungsgesellschaft, dass sie die Deutsche Telekom sofort begeistert für die Gestaltung ihrer neuen Telefonzellen übernommen hat.
ZRL: Schön und gut, aber wird das im Sommer nicht recht heiß und stickig in der Eingangshalle? Hat man das bewusst in Kauf genommen?
Prof. von Schildau: Nicht in Kauf genommen, sondern sorgfältig geplant, und dabei zwei Metaphern realisiert. Das LRZ versucht dort frischen Wind hinein zu bekommen, aber es wird nur heiße Luft bewegt.
ZRL: Haben Sie auch schon Rückschläge bei Ihrem Konzept einstecken müssen?
Prof. von Schildau: Das ist das Schicksal aller Genies in der Anfangszeit. Vor zehn Jahren wollten wir die Klimaanlage des LRZ mit Asbest aufpeppen nach dem Motto „wir werden unseren Kunden was husten“, aber kleinkrämerische Geister sind dann mit irgendwelchen Paragraphen angerückt und haben das verhindert. Dann haben wir als Sanierungskonzept vorgeschlagen, den Asbest aus dem Unterboden zu entsorgen, während die Rechner an der Decke aufgehängt werden – sie verstehen: „die Finanzierung hängt in der Luft“ – aber auch dieses avantgardistische Projekt wurde uns von Banausen vermasselt. Heute sind wir einen Schritt weiter: da hat man erkannt, wie zukunftsweisend die Allegorische und Metaphorische Architektur wirklich ist. In Garching werden wir dieses Konzept sicher konsequenter in die Tat umsetzen können.
ZRL: Apropos Garching: Man spricht da ja von bösen Planungspannen. So hat man etwa ausreichende Hörsäle schlicht vergessen einzuplanen.
Prof. von Schildau: Von „vergessen“ kann keine Rede sein. Bedenken Sie, welche Assoziationen da geweckt werden: Schicksal, Trübsal, Mühsal, …, Hörsal. Nein, so etwas wäre keine geeignete Metapher für die Spaßgesellschaft gewesen, die ja die Informatik von allen Wissenschaften am klarsten repräsentiert. Stattdessen symbolisieren wir jetzt die Metapher „mobile Gesellschaft“, indem die Studenten wie auch der Lehrkörper die meiste Zeit unterwegs verbringt.
ZRL: Und was sind Ihre Pläne für das LRZ in Garching?
Prof. von Schildau: Als wichtigste Metapher steht uns das „Klima“ vor Augen.
ZRL: Das Betriebsklima?
Prof. von Schildau: Meinetwegen auch, vor allem aber natürlich das Investitionsklima. Deswegen werden wir das LRZ als gigantische Klimaanlage realisieren, um die sich dann auch noch ein paar andere Räume gruppieren. Und vergessen Sie nicht: schon der Umzug des LRZ nach Garching realisiert eine wichtige Metapher.
ZRL: Und zwar?
Prof. von Schildau: „Aus den Augen, aus dem Sinn.“
ZRL: Herr Professor von Schildau, wir danken Ihnen für diese Ein- und Ausblicke.